Melancholie, das Überdenken des sich vollziehenden Unglücks, hat aber mit Todessucht nichts gemein. Sie ist eine Form des Widerstands. Und auf dem Niveau der Kunst vollends ist ihre Funktion alles andere als bloß reaktiv oder reaktionär. Wenn sie, starren Blicks, noch einmal nachrechnet, wie es nur so hat kommen können, dann zeigt es sich, daß die Motorik der Trostlosigkeit und diejenige der Erkenntnis identische Exekutiven sind. Die Beschreibung des Unglücks schließt in sich die Möglichkeit zu seiner Überwindung ein.
Aus dem Vorwort von Die Beschreibung des Unglücks von W.G. Sebald