Tage- und wochenlang zermartert man sich vergebens den Kopf, wüßte, wenn man danach befragt würde, nicht, ob man weiterschreibt aus Gewohnheit oder aus Geltungssucht, oder weil man nichts anderes gelernt hat, oder aus Verwunderung über das Leben, aus Wahrheitsliebe, aus Verzweiflung oder Empörung, ebensowenig wie man zu sagen vermöchte, ob man durch das schreiben klüger oder verrückter wird. Vielleicht verliert ein jeder von uns den Überblick genau in dem Maß, in dem er fortbaut am eigenen Werk, und vielleicht neigen wir aus dem Grund dazu, die zunehmende Komplexität unserer Geisteskontruktionen zu verwechseln mit einem Fortschritt an Erkenntnis, während wir zugleich schon ahnen, daß wir die Unwägbarkeiten, die in Wahrheit unsere Laufbahn bestimmen, nie werden begreifen können.
aus Die Ringe des Saturn von W.G. Sebald
usque ego postera...
vor 10 Jahren
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen