Donnerstag, 2. August 2012

...an diesen Gestaden

Da in diesem Becken buchstäblich nie ein Wind weht, so ruht das Wasser unbeweglich, und der Wald
und die grauen Felsen, und der Himmel schauen aus seiner Tiefe heraus, wie aus einem ungeheuern schwarzen Glasspiegel. Über ihm steht ein Fleckchen der tiefen, eintönigen Himmelsbläue. Man kann hier tagelang weilen und sinnen und kein Laut stört die durch das Gemüt sinkenden Gedanken, als etwa der Fall einer Tannenfrucht oder der kurze Schrei eines Geiers.
Oft entstieg mir ein und derselbe Gedanke, wenn ich an diesen Gestaden saß: - als sei es ein unheimlich
Naturauge, das mich hier ansehe - tiefschwarz - überragt von der Stirne  und Braue der Felsen, gesäumt von der Wimper dunkler Tannen - drin das Wasser regungslos, wie eine versteinerte Träne.


Der Hochwald, Adalbert Stifter

Keine Kommentare: