Samstag, 8. Oktober 2011

Und nichts...

Und nichts hat die jugendliche Seele tiefer empört, als wenn die Erwachsenen sagten, man würde sich an alles gewöhnen, auch ihnen sei es so ergangen. Und das sollte ein Trost sein, daß auch sie dieser Welt erlegen sind? Und gerade zum Trotz sollte man es ihnen zeigen, daß man anders war, und ganze Geschlechter, die vor uns diesen Weg gegangen sind, genügten nicht als Mahnung; man war jugendlich genug und verachtete sie alle, eine ganze Menschheit, man ließ sich von Jahrtausenden nichts vormachen und zögerte nicht, eine ganze Welt in eine Waagschale zu legen und sich allein in die andere, und aufwiegen wollte man sie alle und ein Heiliger sein, anders als alle, die jemals lebten! Und dann kam die Stunde, die alles wiederlegte. Noch hätte man sie vielleicht ausschlagen können, wie schon so oft. Aber einmal hatte man sie eben nicht ausgeschlagen, und man begriff es vielleicht erst nachher; es war ja alles wie ein großes Versehen gewesen, aber es war gewesen, und als man aus dem nächtlichen Wald kam, flimmerten die Sterne wie immer, und nichts war anders, nichts war eingestürzt und nichts war aufgegangen über dem Wald, der dunkel und schweigsam zurückblieb.

aus Antwort aus der Stille von Max Frisch

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